Liebe KollegInnen aus den KH-IT-Bereichen,
tragt bitte nachfolgend die Themen ein, die mit dem BMG besprochen werden könnten.
LG
Claus
Thema:
Name | Relevanz | Prio |
---|---|---|
1. Komplexität beim Rollout von IT-Projekten im KH | hoch | hoch |
2. Konsolidierungsphase nach der verpflichtenden Einführung einer neuen Anwendung | hoch | mittel |
3. Im Zuge der Digitalisierung des Gesundheitswesens sollten auch die institutionsübergreifenden Prozesse untersucht, verschlankt und harmonisiert werden | hoch | mittel |
Erläuterungen zu Thema 1 - Komplexität beim Rollout von IT-Projekten im KH
Ausgangssituation:
Die Telematikinfrastruktur ist von Haus aus bereits durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet:
- Hohe Anzahl an Stakeholdern
- Hohe Anzahl an technischen Systeme, die fehlerfrei interagieren müssen
- In der Regel nur eine eingeschränkte Kenntnis der vom Rollout einer Fachanwendung betroffenen Prozesse im Gesundheitswesen
Zu dieser ohnehin hohen Komplexität kommt in Krankenhäusern noch einmal deren Komplexität hinzu:
- Komplexe technische Infrastrukturen, die bei der Konzeptionierung lange Zeit unberücksichtigt blieben, müssen beim Rollout durch einen hohen Aufwand bei Konfiguration und Systempflege kompensiert werden. Bsp.: Die Arbeit an flexiblen virtualisierten Arbeitsplätzen wird durch die TI regelrecht verhindert.
- Prozesse/Arbeitsabläufe sind selbst innerhalb eines KH oft nur bedingt harmonisiert, Fachabteilungen und Ambulanzen organisieren ihre Abläufe individuell. Sollen diese Prozesse hausweit durch Technik unterstützt werden, müssen diese Prozesse im Detail ermittelt werden und der Einsatz sowie evtl. Prozessanpassungen müssen individuell mit dem Personal abgeklärt werden. Veränderungen stoßen ohnehin sehr oft auf Widerstände, wenn dazu noch technische Unzulänglichkeiten hinzukommen, der Einsatz aber erzwungen wird, erzeugt dies einen enormen Aufwand beim IT-Personal.
Weitere Überlegungen:
- Neuimplementierungen sind beim initialen Rollout niemals ausgereift. Im besten Fall sind sie bugfrei (softwaretechnisch fehlerfrei), aber auch das ist nicht die Regel.
- Das Wissen um die Prozesse im Gesundheitswesen, selbst innerhalb einer Einrichtung, ist nur begrenzt verfügbar. Sehr oft werden Abweichungen von einem Standardprozess erst beim Technik-Rollout sichtbar. In diesem Fall muss die Technik optimiert werden, d. h. Anforderung müssen beim Hersteller eingereicht werden → prüfen, implementieren, testen usw.
- Die schlechte Testbarkeit erschwert diese Situation weiter, da Fehler jetzt oft erst beim Anwender erkannt werden.
Forderung:
Dieser Komplexität muss bei einer Fristsetzung, erst recht wenn diese mit Sanktionen behaftet ist, Rechnung getragen werden.
- Systemanalyse unter Einbeziehung aller Stakeholdergruppen (Das hat sich auf Seiten der gematik sehr verbessert. Weiter so!)
- Abbildung des Gesamtprozesses und der realistischen Planung unter Zuhilfenahme von Quality-Gates.
- Fristsetzung für die Implementierung in allen beteiligten technischen Systemen (segementübergreifend)
- Rollout im Betatest
- evtl. mit begrenztem Teilnehmerkreis, um den Gesamtaufwand im Gesundheitswesen zu reduzieren
- Testabdeckung anhand beteiligter/genutzter Systeme berücksichtigen
- Verpflichtender Rolloutstart bei den LE (immer von Ende her gedacht, die Verarbeitung bei den Daten-empfangenden Systemen muss sichergestellt sein, bevor die senden Systeme starten können. Beim E-Rezept wurde das richtig gemacht.)
- Fehlerbehebung
- Optimierung der Usability
- Anpassung der Prozesse
- Aufdecken unbeachteter Prozessschritte/-varianten
- Erst nachdem der verpflichtende Einsatz für einen angemessenen Zeitraum gefordert wurde, darf sanktioniert werden
Erläuterungen zu Thema 2 - Es wird eine Konsolidierungsphase nach der verpflichtenden Einführung einer neuen Anwendung gebraucht
Erläuterung am Beispiel der eAU und des eRezepts:
Der Rollout der eAU kann noch längst nicht als abgeschlossen betrachtet werden und bereits jetzt kam das eRezept als weitere verpflichtende komplexe und somit fehlerträchtige Anwendung hinzu.
Die eAU ist noch längst nicht im Versorgungsalltag angekommen. Noch immer gibt es technische Probleme, hier einige Rückmeldungen zur eAU-Nutzung vom Januar 2024:
- Prozessumsetzung im i.s.h.med zum elektr. Versand der eAU nicht gut
- KIM-Nachrichtenabruf aus M-KIS gestört (bei aktivierter TLS-Pflicht);
- Durch die sehr seltene Anwendung Unterstützung durch IT erforderlich
- KIM Adressen der Krankenkassen können nicht immer gezogen werden, wenn dies nicht automatisch klappt muss die eAU ausgedruckt werden
- Es sind noch nicht in allen Arztzimmern die benötigten Kartenlesegeräte im Betrieb
- viele Ärzte nutzen noch das Ersatzverfahren, weil es gewohnter ist
- eHBA's fehlen; Ärzte nutzen noch die alt AU, weil Rückmeldezeiten beim Versand bis zu 20 Minuten dauert besteht Unsicherheit ob es geklappt hat
- Usw.
Rückmeldungen zur eRezept-Nutzung, Januar 2024:
- Rollout gestoppt wegen Fehlermeldung aus einer Apotheke; Warten auf Rückmeldung weiterer Apotheken
- Schulungsunterlagen fehlen; HBA's fehlen; Handhabung HBA nicht vertraut
- Personal geschult; Handhabung mit eHBA nicht vertraut; Prozess im Haus muss noch definiert werden
- Cherry-Kartenleser derzeit nicht im LAN verwendbar (ggf. NAC-Problem); Kartenleser müssen noch mit dem zentralen Netzwerkteam implementiert werden (aktuell werden keine IP-Adressen gezogen)
- Einzelsignatur bei jedem Rezept macht weitere Anpassungen an der Infrastruktur (mehr KTs, mehr Kapazität auf Konnektorseite) nötig
- KTs verlieren immer noch die Verbindung zum Konnektor, Fehlermeldungen kryptisch und für den Anwender nicht zu verstehen
- Usw.
Die Belastung des IT-Personals ist enorm hoch, und das nicht nur weil technische Probleme gelöst werden müssen. Die Prozessänderungen sowie die fortwährenden technischen Probleme lenken das medizinische Personal von der Patientenversorgung ab. Bei der ohnehin hohen Arbeitsbelastung im Krankenhaus führt dies zu einer allgemein aggressiven Stimmung, die das Projekt und IT-Personal aushalten muss.
Forderung:
Erst wenn bestehende Probleme grundlegend und für die Anwender zufriedenstellend bereinigt sind, darf die nächste Anwendung ausgerollt werden.
Prüfung und Abnahme der Ende-zu-Ende Prozesse über die Segmentgrenzen hinweg muss sichergestellt werden, damit möglichst fehlerfreie Prozesse garantiert werden können.
Erläuterungen/Beispiele zu Thema 3: Im Zuge der Digitalisierung des Gesundheitswesens auch die institutionsübergreifenden Prozesse untersuchen, verschlanken und harmonisieren
E-Rezept: Verordnungen für Neugeborene
Wenn bei Verordnungen die Versichertennummer nach Anlage 4a BMV-Ä nicht bekannt ist, kann bei Säuglingen, die noch nicht über eine elektronische Gesundheitskarte verfügen, kein E-Rezept ausgestellt werden. Hier muss also das Muster 16 genutzt werden, d. h. Papiervordrucke und ein Nadeldrucker müssen weiterhin vorgehalten werden, das Personal muss mehrere Prozesse für den gleichen Vorgang beherrschen, evtl. muss der SW-Hersteller zwei Implementierungen pflegen usw.
Genauer Wortlaut aus der Anlage 4a BMV-Ä, Punkt 2.8: „Kann bei einer Untersuchung oder Behandlung eines Patienten bis zum vollendeten 3. Lebensmonat noch keine elektronische Gesundheitskarte vorgelegt werden, wird das Ersatzverfahren nach Nummer 2.5 durchgeführt und Nummer 1.3 findet keine Anwendung.“
ePA für alle:
Nach der Geburt sollte sofort/zügig eine ePA für das Neugeborene angelegt werden. Wäre es bspw. denkbar, wenn zukünftig das erste Dokument in der ePA das Mutterpass MIO wäre? Automatisiert von der ePA der Mutter zur ePA des Neugeborenen nach der Geburt übertragen.
Frühzeitiger Zugriff auf die ePA, z.B. durch pro aktive Information über erteilte ePA-Zugriffsberechtigungen.
IT Security Aspekt
Insgesamt
Wir müssen anfangen neben der Digitalisierung auch über Automatisierung zu sprechen und gezielt die Potentiale aus Sicht der Prozesse heben. Dies wird nur möglich sein, wenn alle am Prozess beteiligten Stakeholder zeitgemäße Lösungen erarbeiten und unter Berücksichtigung der vorhandenen Kapazitäten umsetzen. Lieber ein Thema richtig machen, als viele Themen parallel und keines vernünftig.
Übersicht MR-Teilnehmer und ihre Häuser:
Name der Einrichtung | Trägerschaft | Anzahl der Häuser | Anzahl Betten (voll- und teilstationär) | MVZ | Vertreter in der MR | Aufwand bei Inbetriebnahme / Betrieb ohne Prüf-HBA / App |
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Sana Kliniken AG | privat | ca. 40 KH | ca. 11.000 | ca. 40 MVZ | R. Werner | |
Asklepios Kliniken | privat | ca. 48 KH | ca. 34.000 | ca. 90 MVZ | G. Liß, A. Hempel, A. Beeck | |
Charité | KöR | 4 in 1 | ca 3.300 | 3 | P. Gocke, H. Schröder | ~ 10 h / Woche |
MediClin Kliniken | privat | 6 KH | ca. 1.500 | ca. 10 MVZ | H. Polus, A. Schönemann | |
Helios | privat | ca. 90 KH | ca. 30.000 | ca. 250 | Pydde, Bina, Schrickel, Gisske, Ulzenheimer, Heßling | sehr hoch, nicht definierbar |
Uniklinikum Heidelberg | öffentlich | UKHD+2 | ca. 2.600 | 2 | A. Brandner | mind. 10 h / Woche (geschätzt für aktuellen Rollout eAU und E-Rezept) |
Alexianer | freigemeinnützig | ca. 29 | ca. 7.080 | ca. 17 | B. Lenk, S. Lindenau | sehr hoch, nicht definierbar (abhängig vom Projekt und Ticketaufkommen) |
UK Tübingen | öffentlich | 1 Haus mit 18 Kliniken, über 30 Zentren und Instituten | ca. 1.600 | 2 mit 12 Fachrichtungen | Jörg Römhild | 1 KIS * 5-10 PT pro App * 4 Updates pro a = 20-40 PT pro a und App (Idealfall, aber in der Regel haben wir immer wieder neue Fehler mit den Updates) |
UKE | öffentlich | 1860 | P.Stappenbeck | |||
Nadja Weick | Aufwand sehr hoch....Probieren durch ÄRZTE!!!!...→ nicht zumutbar | |||||
RHÖN-KLINIKUM AG | privat | 9 (5 Standorte) | 5443 | 11 | Julian.Schäfer | extrem hoher Aufwand, ohne eigenen Prüf-HBA Umsetzung so gut wie unmöglich. Try & Error nicht zumutbar. |
Vivantes | öffentlich | 8 | 6000 | 12 | Denny Militzke | |
München-Klinik | kommunal | 5 | ca. 2500 | Fabrizius | ||