Im Folgenden wird die Nomenklatur beschrieben, die verwendet werden soll, um SARS-CoV-2 Mutationen und Varianten zu melden. Dazu wird eine Auswahl an LOINC Codes (siehe ValueSet) verwendet. Nähere Informationen zu den einzelnen Codes sind hier zu finden: https://loinc.org/sars-cov-2-and-covid-19/. Es ist zu beachten, dass eine Vielzahl an LOINC Codes zur Verfügung steht, es aber empfohlen ist, die im Folgenden angegebenen zu verwenden um eine korrekte Meldung und Zuordnung durch die Gesundheitsämter zu ermöglichen:
LOINC_NUM | LONG_COMMON_NAME | System | Scale_Typ | Method_Typ |
96751-3 | SARS-CoV-2 (COVID-19) S gene mutation detected [Identifier] in Specimen by Molecular genetics method | XXX | Nom | Molgen |
96741-4 | SARS-CoV-2 (COVID-19) variant [Type] in Specimen by Sequencing | XXX | Nom | Sequencing |
Obige LOINCs werden vom DEMIS-Adapter erst ab Version 1.6.5 unterstützt. Für DEMIS-Adapterversionen <= 1.6.4 siehe LDTv2 als Inputformat#%E2%80%8BAnforderungenandieProfilierungderLDTv2Datenstrukturen-5.ZusammenfassungJokerfelder für eine Liste zulässiger LOINCs.
Für den Nachweis einer Variante mittels Sequenzierung ist der LOINC code 96741-4 zu verwenden (https://loinc.org/96741-4/). Varianten sollen als valueString in der PANGOLIN Notation angegeben werden (siehe Abschnitt „Notation Varianten“) [1].
96751-3 ist für die Meldung der Verdachts auf Variante über den Nachweis einzelner Mutationen im Spike Protein (S Gen) gedacht, z.B. durch eine Target-PCR. (https://loinc.org/96751-3/). Der Befund/das Ergebnis wird als Verdacht auf die Variante ausgestellt (siehe Beispiel 2), ggf. erweitert um die nachgewiesene Mutation. Mutationen sollen in der Notation entsprechend der Empfehlungen der Human Genome Variation Society (HGVS) als Text in einem valueString angegeben werden (siehe Abschnitt „Notation Mutationen“) [2]. Um eine Variante mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mittels einzelner Mutationen zu bestimmen, werden eine oder mehrere Target-PCRs durchgeführt.
Wird eine gesuchte Variante nicht per Target-PCR nachgewiesen, so sollte keine negative Meldung eingetragen werden, sondern entweder gar nichts oder die Angabe "unspezifisch" oder der positive Nachweis der gefundenen Variante (Beispiel 4). Bitte melden sie nicht "kein Hinweis auf xyz" im Ergebnis (Observation.ValueString).
Liegt nach mehreren Punktmutationsanalysen kein Verdacht auf eine gesuchte VOC vor, kann der Code 96751-3 verwendet werden (siehe Beispiel 4).
Es wird empfohlen die Mutationsnachweise zusammen mit der Viruslinie zu übermitteln. Der LOINC code 96895-8 wird daher nicht (mehr) empfohlen.
Notation von Varianten
SARS-CoV-2 Varianten werden über die Pangolin-Notation definiert, das führt zu der Angabe einer Hauptlinie und entsprechende Sublinien [1]. Diese können sich manchmal nur minimal über wenige Mutation von der Hauptlinie unterschieden. Die WHO hat zusätzlich am 31. Mai 2021 eine neue Nomenklatur für die Kommunikation mit Laien herausgebracht. Unter der WHO Nomenklatur werden alle VOC und ihre Sublinien (Pangolin-Notation) zusammengefasst. Ob die Meldung einer VOC über WHO Nomenklatur oder die Pangolin Nomenklatur erfolgt, hängt von der verwendeten Methode ab. Sequenzierungsergebnisse werden mit der Pangolin-Notation gemeldet. Verdachtsfälle von VOC mittels variantenspezifischer PCR werden so genau wie möglich gemeldet. Erlaubt der Nachweis der Targetmutationen eine genaue Bestimmung, so wird die Pangolin Notation verwendet (z.B: BA.1 oder BA.2). Reicht der Nachweis der Targetmutationen nicht für eine genaue Bestimmung der Pangolin-Nomenklatur aus, so wird die VOC über den WHO Namen gemeldet. Für die Annotation der aktuellen Pangolin-Notationen kann eine Software auf https://cov-lineages.org/ heruntergeladen werden, um die PANGOLIN lineage zu bestimmen. Diese Software sollten in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden, um zur Bestimmung der Linien die neuesten Algorithmen zur Verfügung zu haben.
Variants of concern (VOC)
Derzeit werden in Deutschland fünf SARS-CoV-2-Varianten als besorgniserregend und damit als variant of concern (VOC) eingestuft. Dies sind die Linien Alpha (B.1.1.7 und Sublinien), Beta (B.1.351 uns Sublinien), Gamma (P.1 und Sublinien), Delta (B.1.617.2 und Sublinien) und Omikron (BA-Sublinien). Zusätzlich gibt es Subgruppen mit zusätzlichen besorgniserregenden Mutationen (z.B. B.1.1.7+E484K). Besorgniserregende Mutationen wie E484K oder L452R treten auch in variants of interest (VOI) auf. Diese Mutationen wurden in Deutschland bisher nur sehr selten per Genomsequenzierung detektiert, so dass aktuell bei Nachweis dieser Mutationen ein begründeter Verdacht besteht, dass es sich bei dem Nachweis eines linientypischen Aminosäureaustausches um eine VOC handelt.
Tabelle 1: WHO und Pangolin-Nomenklatur für VOC und ihre charakteristischen Aminosäureaustausche im Spike Protein.
WHO | Pangolin | Aminosäureaustausche im Spike Protein1-3 |
---|---|---|
Alpha | B.1.1.7 (+Q-Linien) | H69_V70del, Y144del, N501Y, A570D, D614G, P681H, T716I, S982A, D1118H |
Beta | B.1.351 (+ Sublinien) | L18F, D80A, D215G, R246I, K417N, E484K, N501Y, D614G, A701V |
Gamma | P.1 (+ Sublinien) | L18F, T20N, P26S, D138Y, R190S, K417T, E484K, N501Y, H655Y, T1027I, V1176F, D614G |
Delta | B.1.617.2 (+ AY Linien) | T19R, F157_R158del, L452R, T478K, D614G, P681R4, D950N |
Omikron | B.1.1.529 (+ BA Linien) | A67V, H69_V70del, T95I, G142D/del143/145, del211/L212I, ins214EPE, G339D, S371L, S373P, S375F, K417N, N440K, G446S, S477N, T478K, E484A, Q493K, G496S, Q498R, N501Y, Y505H, T547K, D614G, H655Y, N679K, P681H, N764K, D796Y, N856K, Q954H, N969K, L981F |
|
Weitere Informationen zu VOC und VOI und den charakteristischen Aminosäureaustausche finden sie auf den RKI-Seiten Virologische_Basisdaten_Varianten_Nomenklatur
Nachweis einer Viruslinie mittels PCR auf spezifische Mutationen
Variantenspezifische PCR-Testungen werden verwendet, um bereits definierte Virusvarianten (bspw. Delta oder Omikron) frühzeitig zu erkennen und zu erfassen. Dabei werden spezifische Mutationen mittels PCR erfasst, welche für Aminosäure-Austausche verantwortlich (bspw. P681R) oder/und Deletionen (bspw. Del157), meist innerhalb des Spikeproteins des Virus, und für relevante Viruslinien charakteristisch sind. Auf der folgenden Seite https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/DESH/Hilfestellung_PCR-Testung.html finden Sie Anwendungsbeispiele und spezielle Hinweise zu Delta und Omikron sowie eine Tabelle, die die Auswahl geeigneter Mutationen vereinfacht. Der Nachweis von Mutationen wie z.B. delH69/V70 oder K417N die in der Vergangenheit für andere VOC als die im Moment im Umlauf befindlichen spezifisch waren, reichen für die Meldung eines Verdachtsfall (hier auf Omikron) aus. Das Ergebnis ist dann als #BA.1 bzw. #Omikron so spezifisch wie möglich zu melden (z.B. Beispiel 2).
Notation von Sublinien
Zu allen VOC treten mittlerweile Sublinien auf. Bis zum Beweis des Gegenteils werden diese als übergeordnete VOC gewertet. Bei der Meldung einer Sublinie ist die Pangolinnomenklatur zu verwenden, die zugeordnete VOC kann in Klammern mit angegeben werden, z.B. AY.1 (Delta) oder BA.1 (Omikron) (siehe Beispiel 2). Für Sublinien tritt eine abweichende Bezeichnung auf, wenn das vierte Sublevel der ausgehenden Nomenklatur erreicht ist. Es wird dann auf den nächsten freien Buchstaben gewechselt (z.B. AY.1 = B.1.617.2.1) [1].
Notation von Mutationen
Mutationen sollen in einem Freitext als valueString entsprechend den Empfehlungen der HGVS auf Proteinlevel mit dem Ein-Buchstaben-Code für Aminosäuren angegeben werden [2]. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Textes sind nur Substitutionen und Deletionen relevant. In der folgenden Tabelle ist die Notation für Mutationen angegeben. Für eine detaillierte Beschreibung verweisen wir auf HGVS Recommendations for the Description of Sequence Variants [2].
Mutation | Notation (Beispiele) |
Substitution | N501Y W87* W87Ter (*/Ter bezeichnet das Stopp-Codon) |
Deletion | H69_V70del |
Format demis_transcation_id/Transaktions-ID (ehemals IMS-ID)
Die demis_transaction_id/Transaktions-ID (IMS-ID) wird in folgendem Format vorliegen: "IMS-12345-CVDP-XXXXXXXX-XXXX-XXXX-XXXX-XXXXXXXXXXXX"
- IMS: fester Präfix
- 12345: Labor-ID, wie sie auch bei DEMIS verwendet wird (fünfstelliger Username)
- CVDP: Meldetatbestand, später auch ggf. andere (nach DEMIS-4-Steller)
- XXXXXXXX-XXXX-XXXX-XXXX-XXXXXXXXXXXX: automatisch vom DESH-System generierte Zeichenfolge mit ASCII-Zeichensatz und dem Muster 8-4-4-4-12
Das RKI betreibt die DESH-Plattform (https://desh.bdr.de), über welche Sequenzdaten aus sequenzierenden Laboren übermittelt werden können.
Bitte finden Sie weiterführende Informationen zu DESH (Deutscher Elektronsicher Sequenzdaten-Hub) unter:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/DESH/DESH.html
Eine Anweisung zur Verwendung von https://desh.bdr.de zur Übermittlung von Daten an das RKI finden Sie unter folgendem Link:
Beispiele
Bei Verwendung der FHIR Schnittstelle zum Melden können seit Januar 2022 mehrere Ergebnisse (observations) in einer Meldung übermittelt werden. Bei Verwendung des DEMIS-Adapters kann nach wie vor pro Meldung nur ein Ergebnis übermittelt werden. Für jedes weitere Ergebnis (z.B. Ergebnis Punktmutationsanalyse oder Sequenzierung) muss dann eine eigene Meldung abgesetzt werden. Die Ergebnisse werden automatisch aus den vorgesehenen Feldern ausgelesen und in die in den Gesundheitsämtern verwendete Meldesoftware übertragen. Durch den Test auf verschiedene charakteristische Aminosäureaustausche kann durch Vorhandensein oder Abwesenheit ein Verdacht auf VOC oder keine VOC bestehen. Dieser Befund muss von den Laboren in der Meldung eines Verdachtes zu den Mutationen die positiven nachgewiesen wurden, hinzugefügt werden (siehe z.B. Beispiele 2 und 4).
Für Meldungen mit der FHIR Schnittstelle werden Loinc codes und die dazugehörigen Ergebnisse in die Rubrik Observation eingetragen, die IMS-ID in die Rubrik Specimen.
Beispiel 1: Nachweis der Variante B.1.1.7 mittels Ganzgenomsequenzierung
In diesem Beispiel ist ein Test benötigt.
- LOINC: 96741-4, Ergebnis(valueString): #B.1.1.7
- (valueString): IMS-12345-CVDP-616FAIFB-9B9L-4E7K-9486-640RE28C2358
ACHUNG: Das folgende Beispiel NICHT ab DEMIS-Adapterversion 1.7.0 verwenden
Dieses Beispiel gilt für DEMIS-Adapterversion 1.7.0 und spätere:
Beispiel 2: Nachweis der Variante BA.1 (Omikron) mittels Punktmutationsanalyse
- LOINC: 96751-3, Ergebnis (ValueString): delH69/70#BA.1 (Omikron)
Ab DEMIS-Adapterversion 1.7.0:
Beispiel 3: Nachweis der Sublinie einer VOC
- LOINC: 96741-4, Ergebnis (valueString): #BA.2.12.1
- (valueString): IMS-12345-CVDP-616FAIFB-9B9L-4E7K-9486-640RE28C2358
Ab DEMIS-Adapterversion 1.7.0:
Beispiel 4: Meldung eines negativen VOC-Nachweises nach variantenspezifischer PCR
In diesem Beispiel sind mehrere Tests (PCRs) benötigt und ein Ergebnisfeld für die Interpretation.
Der Test erfolgte auf z.B. H69_V70del, N501Y, K417N, die negativ sind. Hier ist der VOC Nachweis unspezifisch, es sollte keine Negativmeldung wie " Kein Hinweis auf Omikron" im Ergebnis erfolgen. Diese Information kann in den Hinweisfelder ergänzt werden. Wird über weitere PCRs z.B. L452R eine VOC (Delta) ermittelt, so ist diese zu melden.
- LOINC: 96751-3, Ergebnis (valueString): #unspezifisch
oder
- LOINC: 96751-3, Ergebnis (valueString): L452R#Delta
Referenzsequenz
Als Referenzsequenz zur Angabe der Mutationen und der Bestimmung der Varianten wird in der Regel das Genom einer der ersten Fälle aus Wuhan verwendet. Diese ist benannt als ‘Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 isolate Wuhan-Hu-1, complete genome’ [4]. Diese Sequenz wird weit verbreitet als Standardreferenz verwendet und durch ihre frühe Bestimmung als Wurzel in phylogenetischen Bäumen von PANGOLIN und vielen weiteren nationalen und internationalen Projekten benutzt [1, 5].
Referenzen
- Rambaut, A., et al., A dynamic nomenclature proposal for SARS-CoV-2 lineages to assist genomic epidemiology. Nat Microbiol, 2020. 5(11): p. 1403-1407.
- den Dunnen, J.T., et al., HGVS Recommendations for the Description of Sequence Variants: 2016 Update. Hum Mutat, 2016. 37(6): p. 564-9.
- RKI, Bericht zu Virusvarianten von SARSCoV-2 in Deutschland, insbesondere zur Variant of Concern (VOC) B.1.1.7. 2021.
- Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 isolate Wuhan-Hu-1, complete genome. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/nuccore/MN908947.3/.
- Fernandes, J.D., et al., The UCSC SARS-CoV-2 Genome Browser. Nat Genet, 2020. 52(10): p. 991-998.